Angedacht
Der März ist der Monat der Knospen und des Vogelgezwitschers.
Am 20. März 2025 ist Frühlingsanfang. Drei Wochen später steht zum ersten Mal im Frühling der Vollmond am Himmel. Im hellen Licht des ersten Frühling-Vollmondes, so wird erzählt, nahmen einst die geknechteten Israeliten ihren ganzen Mut zusammen. Klammheimlich verließen sie bei Nacht Ägyptenland. Nicht mal Zeit war mehr, die Brote vom Sauerteig aufgehen zu lassen. Ungesäuerte Brote sollten auf dem Weg in die Freiheit genügen. Jeder Mensch ist aufgefordert, aus seiner Knospe hervorzuwachsen. Aus dem, was als Wache über ihn gesetzt ist, ins Freie aufzubrechen. Denn „eine jede junge Pflanze reckt sich der neuen Zeit entgegen, drängelt, um sie zu begrüßen.“ (Moses Ibn Esra 1055-1140)
Voller Hoffnung und Zuversicht, auf der Suche nach einem erfüllten Leben, machen wir uns in Richtung einer Heimat auf, die in unseren Herzen verborgen ist. Auf der Suche nach Erlösung von dem, was am Leben hindert. Im Vertrauen, dass es eine Kraft gibt, die aus schwierigen Situationen befreien kann. Unser christliches Osterfest (Beginn: 20.04.) ist eng verwandt mit dem jüdischen Pessach-Fest (Beginn: 13.04.). Beide Feste laden dazu ein, der Befreiung zu gedenken: Des Auszugs aus der Knechtschaft in die Freiheit, in ein selbstbestimmtes Leben, des Auszugs aus dem Tod in die Auferstehung, in ein Leben jenseits des Grabes.
Im April haben wir mit unseren Festen Pessach und Ostern Gelegenheit, über unsere Hoffnungen für die Zukunft nachzudenken. Wir teilen den Glauben, dass das Gute möglich ist, selbst wenn es noch nicht sichtbar oder spürbar ist. Wir richten unsere Herzen auf die Zukunft hin, wie die Pflanzen sich zum Licht hin richten. Wer hofft, der lebt – „hier auf dem Erdenrund – nicht in den Wolken droben – auf dem Erdengrund, dem nahen, der Mutter.“ (Rachel Bluwstein, 1880-1931)
Eine ganz besondere Atmosphäre erlebe ich im Frühgottesdienst an Ostersonntag. Wenn mit aufgehender Sonne die Auferstehung Jesu gefeiert wird – begleitet von besonderer Musik und Gesängen. Darauf freue ich mich besonders. Und dann wird an Ostern, wie an den sieben Tagen von Pessach, zuhause gefeiert. Mit den Geschichten und Traditionen der Familien, mit den verschiedenen Speisen und Biographien der Anwesenden. Juden- und Christenmenschen feiern Pessach und Ostern als befreite Menschen, selbst dann, wenn die letztendliche Erlösung noch aussteht. Wir setzen unser Leben als Suchende fort, doch wir tun es als hoffende Weggemeinschaft.
Gesegnete Feiertage!
Wünscht herzlich Daniela Koeppler