Geschichte der Lutherkirche

Lutherkirche bei Nacht

Die Geschichte der Lutherkirche ist eng verbunden mit der Geschichte des Stahlwerks Georgsmarienhütte. Der Hannoversche König Georg V. erkannte bei seinem Amtsantritt 1852, dass das Königreich dringend Industrie brauchte, um die weitere Verarmung und die Auswanderung nach Amerika zu stoppen.Im südlichen Osnabrücker Land wurde schon seit dem 16. Jahr-hundert Kohle und Erz abgebaut und verhüttet. Als im Jahr 1852 ein Hagener Eisenhüttenwerk mitsamt den Rechten zur Erzgewinnung zum Verkauf anstand, wurde König Georg V. aktiv. Mit Privatgeldern des Königs wurden die Weichen für eine Aktiengesellschaft gestellt; das Hüttenwerk wurde nach dem königlichen Ehepaar „Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenverein“ genannt. Für den Bau eines modernen Werkes bot sich des ebenen Geländes wegen die Bauernschaft Malbergen an. Besonders aus dem Harz wurden Bergarbeiter angeworben, für die neue Siedlungen rund um das Werk gebaut wurden. Daraus entstand 1860 der Ort Georgsmarienhütte.


Da die zugezogenen Arbeiter überwiegend evangelisch waren – 1325 Protestanten, 325 Katholiken –, konnten die katholischen Schulen in der Umgebung die vielen evangelischen Schüler nicht aufnehmen. Es wurde also notwendig, für sie eine eigene Schule zu bauen. Diese aus zwei Klassenräumen mit Schiebetür und einer Lehrerwohnung bestehende Schule für 140 Kinder wurde 1865 eingeweiht. In ihr fanden zunächst auch die evangelischen Gottesdienste statt. Für die schnell wachsende Gemeinde war dies aber bald nur noch ein Notbehelf.

Seit 1866 war der Hilfsprediger Mauersberg von der St.- Katharinen-Gemeinde Osnabrück nach Georgsmarienhütte abgeordnet. Er wurde am 24. April 1873 erster Pastor der neu gegründeten Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Georgsmarienhütte.

Danach begannen die Planungen für den Bau einer eigenen Kirche. Der Verwaltungsrat des Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenvereins stiftete 36.000 Mark, zweckgebunden für einen Baubeginn bis 1875. Ein Jahr später legte Baurat Hase vom Landeskirchenamt Hannover einen Plan vor, der aber wegen der Kosten in Höhe von 150.000 Mark verworfen wurde.

Eine Delegation machte sich auf nach Hannover. Dort legte ihnen Baurat Hase die Pläne einer bereits für Lauenau bei Hannover geplanten Kirche vor. Kostenpunkt: 43.500 Mark. Der Kirchenvorstand beschloss den Bau dieser Zwillingskirche. 1877 war die Grundsteinlegung, und schon im Sommer 1878 wurde die Lutherkirche feierlich eingeweiht.



DIE LUTHERKIRCHE – die Zwillingskirche am Rehlberg –

1878 von Konsistorialbaumeister Hase erbaut im Stil des „Historismus“ als neugotische Kirche nach dem planerisch identischen Entwurf für die Kirche der Stadt Lauenau bei Hannover.

Im Grundriss ist die Kirche aus quadratischen Elementen in Kreuzform gebaut, mit einem hohen Mittel- und Querschiff, niedrigen Seitenschiffen und einem sechseckigen Chor mit einer kleinen achteckigen Sakristei.

Im Westen schließt ein quadratischer Turm (45,60 m hoch) an mit einem Hahn auf der Spitze, der an Petrus erinnert.

Außen
wurden die Wand- und Gewölbeflächen aus dem im Hütten-Werk erzeugten grauen Steinen aus Hochofenschlacke erbaut, die senkrechten Pfeiler und Schrägen aus roten Ziegeln, mit ockerfarbenen Fensterumrandungen.

Innen
finden sich die gleichen Farbtöne: sandsteinfarbene Wandflächen, ziegelrote Säulen und Deckenstreben, ockerfarbene Fensterlaibungen, dazu alle Holzteile in dunklem Eichenholzton.

Es fällt auf, dass der Haupteingang nicht wie üblich im Turm, sondern an der Nordseite liegt. Dadurch verband die Kirchstraße als Achse den Eingang zur Kirche mit dem Haupteingang des Hüttenwerks: „Bete und Arbeite.“ Deswegen hat die Kirche auch keinen Mittelgang.

Im erhöhten Chor ein schlichter Altartisch mit einem Altaraufsatz, der den Gekreuzigten in der „Mandorla“, einem spitzovalen Strahlenkranz, zeigt.

An der Kanzel fallen die Reliefs der 4 Evangelisten (Bildhauer Memken, Osnabrück) auf: Matthäus (mit Engel), Markus (mit Löwe), Lukas (mit Stier) und Johannes (mit Adler). Sie wurden 1895 gestiftet, ebenso wie 1896 der Schalldeckel und 1900 als Krönung der Segnende Christus.In den Seitenapsiden neben dem Altarraum: links Bänke für den Kirchenvorstand, rechts die Taufkapelle mit dem Sandsteintaufbecken, einer Taufschale aus Messing und einem eichenen Deckel.

Über den Aufgängen zu den Emporen im Turm gibt es in 21 m Höhe 3 Stahlglocken (ursprünglich eine aus Bronze – Stifter: Kaiser Wilhelm I.) in den Tönen „dis“, „fis“ und „a“.

Die Orgel ist bereits die dritte: Eine erste stand im Turm, die zweite ab 1912 auf der Empore, die jetzige stammt aus dem Jahr 1970 (Fa. Wolfram, Bissendorf), 1991 repariert von Fa. Kreienbrink, OS. Sie hat 22 Register in Haupt- und Brustwerk mit zwei Manualen und Pedal.

Die Innenausstattung kam durch viele Spenden zusammen: Zwei Hauptfenster, vier große Chorfenster, die Orgel, der Taufstein mit Taufbecken, 16 kleinere Fenster und vieles mehr wurden von Direktoren, Fabrikanten, Vereinen, Kirchenvorstand u.a. gestiftet.

Der Altarraum
Der Altarraum
Die Taufschlale
Die Taufschlale
Das Taufbecken
Das Taufbecken

Die Bildfenster

Über dem Eingang: „Der Fischzug des Petrus“; gegenüber dem Eingang das Hauptfenster: „Jesus segnet die Kinder“.

Chorfenster
(1903/04): „Jesus und der sinkende Petrus auf dem See“ – „Der Engel begegnet den Frauen am Ostermorgen am leeren Grab“ – „Maria Magdalena begegnet dem Auferstandenen“ – „Die Emmausjünger“.

16 kleine Fenster
(aus den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts) unter den Emporen erzählen die Geschichte Jesu, von der Geburt bis zur Himmelfahrt.

Als Besonderheit in einer evangelischen Kirche das 4. Bild: „Der zwölfjährige Jesus mit seinen Eltern auf dem Weg nach Jerusalem“.

Am Taufbecken zwei Fenster: „Die Taufe Jesu“ und das Motiv „Der gute Hirte“.

In der anderen Seitenapsis (passend zur Funktion des Kirchenvorstandes): „Der zwölfjährige Jesus im Gespräch mit Lehrern und Ältesten des Volkes“ und „Jesus im Gespräch mit Nikodemus“.

Der Fischzug des Petrus
Der Fischzug des Petrus
Jesus segnet die Kinder
Jesus segnet die Kinder
Die Taufe Jesu
Die Taufe Jesu
Der gute Hirte
Der gute Hirte

(Alle Fenster mussten leider wegen Beschädigungen von außen durch Gitter geschützt werden.)


In den 40er Jahren wurde fast das gesamte Kircheninnere dem Zeitgeist entsprechend in Weiß und Gold ausgemalt, die Holzteile dunkelgrün; 1965 wurde alles vollständig weiß mit grau gestrichen, der Altar rot und golden.

1987/88
endlich wurde die Lutherkirche so restauriert, dass sie heute in ihrer ursprünglichen Farbgebung wieder zu sehen ist.

März 2010 / Ulrike Altenbernd – zusammengestellt aus:

  • I. Becher / G. Gramberg: Georgsmarienhütte „Auf Schritt und Tritt“
  • St.-L. Tobatzsch: 2003 „Festausgabe 125 Jahre Lutherkirche“
  • H. Menke: „Kirchenführer 1994“